Kirchenvorstellung St. Margareta
(von Hans-Georg Keppler)
Das Ortsbild von Margrethausen wird geprägt von der Pfarrkirche zu Ehren der heiligen Margareta. Ihre Geschichte hängt eng mit dem Kloster Margrethausen zusammen. Die räumliche Nähe von Kloster und Kirche führt häufig dazu, dass die Kirche als Klosterkirche bezeichnet wird. Die Kirche und ihre an gleicher Stelle erbauten Vorgänger waren aber immer Pfarrkirchen. Die ehemalige Klosterkirche existiert nicht mehr. Dazu aber später mehr.
Vermutlich stand auf dem kleinen Plateau über der Eyach schon in frühen Zeiten ein kleines Kirchlein. Ein erstes schriftliches Zeugnis erwähnt die Weihe der in Stein erbauten Ortskirche im Jahr 1347. Im Jahr 1707 wurde die Kirche grundlegend erneuert und im Barockstil umgestaltet. Reste von diesen Stuckarbeiten sind bis heute zu sehen.
Auch heute noch gut erkennbar ist die Turmaufstockung, die im Rahmen des damaligen Umbaus erfolgte.
Mit dem Einzug der Textilindustrie in das Eyachtal wurde die Kirche für die schnell wachsende Gemeinde zu klein und wurde durch einen Anbau nach Osten hin durch einen Chorraum erweitert.
Der rührige und kunstverständige Pfarrer Pfeffer, der zu dieser Zeit im Eyachtal tätig war, setzte zusammen mit den Architekten Schilling und Lütkemeyer den Anbau um. Durch die Hanglage musste die Grundmauer des neuen Chorraumes weit nach unten verlegt werden, was der Kirche das heutige imponierende Bild verliehen hat.
Der hoch aufstrebende Chor bildete nun einen harmonischen Gegenpunkt zu den langgestreckten Klostergebäuden. Zusammen mit dem Klostergarten und dem angrenzenden Friedhof ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild.
Auch das Innere der Kirche öffnete sich durch den neuen Chorraum und zeigte sich nun beim Betreten durch den Haupteingang am wuchtigen Turm in einer feierlichen Größe. Vervollständigt wurde dieser Eindruck durch die unter Pfarrer Salenbauch im Anschluss auf die von den Gedanken des zweiten vatikanischen Konzils angestoßenen Veränderungen im Zelebrationsgeschehen durchgeführte Öffnung und Umgestaltung des Chorraumes. Der Blick fällt heute sofort auf den durch sieben Stufen angehobenen Chorraum, dem Ort des liturgischen Geschehens. Beeindruckend ist der wuchtige Altar aus Tuffstein, der ergänzt wird durch in Material und Stil passende Gestaltungselemente im Chorraum. Hervorzuheben ist der markante Ambo, der Tabernakel und der Sockel für die Madonna mit dem Jesuskind. Alles überstrahlen die von Wilhelm Geyer aus Ulm gestalteten Fenster.
Nach der unter Pfarrer Anton Merkt in den Jahren 1984/85 durchgeführten Renovierung des Innenraumes zeigte sich die Kirche im heutigen Bild mit den restaurierten Kirchenbänken, den Figuren und dem Kreuzweg.
Die herrlichen Fenster, die den eher schlicht gestalteten Chor abschließen, beherrschen vor allem, wenn sie von der Morgensonne durchstrahlt werden, den ganzen Kirchenraum. Die 13 Fenster wurden von Wilhelm Geyer geschaffen. Nach dem Erweiterungsbau der Kirche im Jahr 1934 wurden zunächst farblose Gläser eingesetzt. Anfang 1939 wurde auf Vorschlag von Architekt Lütkemeyer der Kunstmaler Wilhelm Geyer mit dem Entwurf der Fenster beauftragt. Ganz im Geist der liturgischen Bewegung der damaligen kirchlichen Vordenker sollte Christus im Zentrum stehen und somit die Heilige Messe, an der die Gläubigen aktiv teilnehmen und dann gestärkt in ihren Alltag gehen können.
In den Kriegsjahren verzögerte sich die Herstellung der Fensterbilder in der Hofkunstanstalt in München durch den Wehrdienst des Künstlers und weil Geyer auch im Zusammenhang mit der Verhaftung und Hinrichtung der Geschwister Scholl über Monate inhaftiert war. Im Keller seines Ateliers waren die Flugblätter der „Weißen Rose“ gedruckt worden, die zum Widerstand gegen das Hitlerregime aufriefen.
Geyer hat sich während seiner Haft intensiv mit den theologischen Inhalten und der künstlerischen Umsetzung der Bilder beschäftigt. Erst 1945 wurden die mittleren Bilder eingebaut und 1947 durch die restlichen acht Fenster ergänzt.
Der Grundgedanke der liturgischen Bewegung, Christus und sein Opfermahl als Zentrum des christlichen Glaubens wird in den Fenstern zeitgemäß umgesetzt. In der Mitte, direkt hinter dem Altar steht der verklärte Christus, seine Hände in Opfergeste und schaut mit weitem Blick in den Kirchenraum. In den Bildern rechts und links davon wird der Opfergedanke noch vertieft. Man sieht Bilder aus dem Leiden und der Auferstehung Christi. Die anschließenden Fenster zeigen in großen Figuren Maria und Johannes des Täufers, die beide auf Christus als den Erlöser zeigen. Dieselbe Symbolik erkennt man auch im mittleren Fenster: Die Hand Gottes des Vaters zeigt auf seinen Sohn.
Auf den beiden Seiten folgen dann Bilder von Opferszenen aus dem Alten Testament. Daran schließt sich jeweils eine Großfigur des Diözesanpatrons St. Martin und der Kirchenpatronin St. Margareta an. In den vorletzten Fenstern rechts und links werden Gläubige in Gebetshaltung gezeigt, ganz im Zeichen der Öffnung der Liturgie zur aktiven Teilnahme aller. Die Symbolbilder der Evangelisten als Abschluss des Fensterreigens machen deutlich, dass Verkündigung und Opfergeschehen zusammengehören. Im unteren Teil der Fenster werden zudem umlaufend die sieben Sakramente dargestellt.
Schon wegen der beeindruckenden Fensterbilder lohnt sich ein Besuch in St. Margareta. Wer sich in die Bilder vertiefen möchte, dem steht an der linken Chorwand eine erläuternde Grafik zur Orientierung zur Verfügung.
Auch der übrige Kirchenschmuck ist sehenswert. Hervorzuheben ist die reich geschmückte Kanzel. Sie wurde 1740 vom Schömberger Altarbauer Valentin Karrer entworfen und in der Werkstatt Faulhaber in Schömberg ausgeführt. Sie wurde aufwändig restauriert und in die ursprüngliche barocke Pracht gebracht.
Von den zahlreichen Figuren sind besonders die Madonna mit Kind zu erwähnen, die links vor dem Chorraum auf einem Tuffsteinsockel steht. Die Figur stammt aus der Ulmer Schule und ist um 1500 entstanden. Das Bildnis der schmerzhaften Mutter Gottes in der Seitenkapelle rechts stammt aus neuerer Zeit, die Ausführung orientiert sich allerdings auch an einer Madonna aus dem Mittelalter.
Beim Seiteneingang steht ein schön restauriertes Vortragekreuz in einer seltenen Ausführung. Auf der einen Seite der Korpus Christi und auf der Gegenseite die Gottesmutter.
Weitere Figuren zeigen die Apostel Petrus und Paulus, die heilige Margareta, den hl. Franz Xaver und eine Kreuzigungsgruppe.
Im hinteren Teil der Kirche stehen weitere Heiligenfiguren: St. Antonius, St. Josef, St. Patricius und St. Wendelin.
Bei dem zurzeit in der Kirche präsentiertem Kreuzweg handelt es sich wohl um Kopien einer Darstellung, die auf den bekannten Kreuzweg von Joseph Ritter von Führich zurückgreift. Joseph Ritter von Führich war ein böhmisch-österreichischer Maler religiöser Themen und Historienmaler. Bei seinen religiösen Themen war er stark vom Stil der Nazarener beeinflusst. Seine Kreuzwegbilder gehören zu den weltweit am häufigsten kopierten Darstellungen. Im Besitz der Kirchengemeinde Margrethausen befinden sich zwei weitere Kreuzwegdarstellungen, die im angrenzenden Klostergebäude ausgestellt sind.
Das Kloster Margrethausen hat eine bewegte Geschichte, die in einer weiteren Ausgabe dargestellt werden soll. 1338 von den Herren von Tierberg gegründet, lebte die Frauengemeinschaft beeinflusst durch die Mystikerin Luitgard von Wittichen nach den Regeln des hl. Franziskus in Margrethausen. Der heutige Bau in barocker Bauweise stammt aus einer Bauphase Ende des 17. Jahrhunderts. Nach der Säkularisation und dem Verlassen des Klosters wurden Teile und auch die Klosterkirche abgetragen. Das einzige Relikt aus der Klosterkirche ist im Durchgang zur Sakristei zu finden, ein erhaltenes gotisches Chorfenster mit Tuffsteinumrahmung.
Die Orgel der Kirche St. Margareta stammt von der Orgelbaufirma Späth aus Ennetach und ersetzte 1968 ihre Vorgängerin. Bei der Kirchenrenovierung 1985 wurde die Decken- und Brüstungsverkleidung erneuert. Die Restauratoren orientierten sich dabei an den erhaltenen Elementen aus dem 17. Jahrhundert die im Klostergebäude erhalten sind.
Ein Wort noch zu den Glocken der Kirche. Wie in vielen Kirchengemeinden wurden auch in Margrethausen in den beiden Weltkriegen die Glocken abgenommen und mussten abgegeben werden. Das heutige Geläut besteht aus 4 Glocken. Davon stammt nur das kleine Josefsglöcklein noch aus der Vorkriegszeit. Die drei anderen Glocken konnten dank einer großzügigen Spende 1948 geweiht werden und seither „erschallt vom himmelweisenden Turm unseres Kirchleins herab wieder der volle Jubelklang dieser Rufer Gottes“ wie es der Verfasser der Erinnerungsschrift zur Glockenweihe, Herr Jordan Sauter, damals prosaisch formulierte.
Quellen:
Jordan Sauter, Erinnerungsschrift zur Glockenweihe, 1948
J. Hornung, Kirchenführer der Pfarrkirche S. Margareta, 2001
Heimatkundliche Blätter Landkreis Balingen, 1992
Albert Weber, Schwarzwälder Bilderbogen, 1984
Bilder: privat